Margot Müller-Habig

1919 – 2007

Oelde

Wirtschaft/Unternehmen
Soziales Engagement

Margot Müller-Harbig

Vier Jahre vor Margots Geburt übernahm ihr Vater Werner Habig als Direktor eine Firma, die vorrangig Milchzentrifugen produzierte, die „Westfalia Separator AG“ in Oelde, und machte sie zu einem führenden Unternehmen der Melktechnik. Seine beiden Kinder wurde von Anfang an in dieses Unternehmen einbezogen: die ältere Tochter Margot machte nach dem Abitur im Jahr 1938 eine kaufmännischen Lehre, der Bruder Heinz-Werner übernahm den Geschäftsbereich in den USA. Als er und seine Frau 1954 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kamen, veränderte dies das Leben der inzwischen mit Otto Müller vermählten Margot sehr. Von da an musste sie gemeinsam mit ihrem Mann die Interessen der Firma wahrnehmen, zum Beispiel als einziges weibliches Mitglied im Aufsichtsrat von 1957 bis 1993.

Ihre gesellschaftliche Stellung nutzte Margot Müller-Habig, um den Menschen die Kulturgeschichte ihrer westfälischen Heimat zugänglich zu machen. Ihre profunden Kunstkenntnisse setzte sie in tatkräftige Unterstützung für verschiedene Museen in der Region um; insbesondere das Museum Abtei Liesborn förderte sie mit zahlreichen Schenkungen und Dauerleihgaben in einem Ausmaß, das erst nach ihrem Tod bekannt gegeben werden durfte. Die Zusammenarbeit begann, als 1987 die Villa ihrer Eltern aufgegeben wurde. Aus dem Familienbesitz stellte sie dem Museum neben Gemälden, Schränken, Truhen, Porzellan, Bestecke, Glaswaren und Textilien auch einen Großteil ihrer Kunstbibliothek zur Verfügung und beteiligte sich am Ankauf verschiedener Kunstwerke, vor allem für die dortige Kruzifixsammlung. Ihre lebenslange Verbundenheit mit der Melktechnik spiegelt sich in ihrer umfangreichen Sammlung bedeutender Druckgraphiken zum Thema Milchwirtschaft und Nutztier Kuh vom späten Mittelalter bis in ihre Zeit wider, die das Museum Abtei Liesborn für mehrere Ausstellungen nutzte.

Großes Interesse zeigte Margot Müller-Habig an der Geschichte deutscher Auswanderer – speziell aus der unmittelbaren Umgebung – in die Vereinigten Staaten. Sie förderte zum Beispiel die Herausgabe einer Briefsammlung der Auswanderin Henriette Bruns. Zur Bewahrung und Erforschung des westfälischen Erbes in den Vereinigten Staaten wurde sie Mitbegründerin und Ehrenpräsidentin der „Westphalian Heritage Society“. Sie versorgte die Gesellschaft mit Büchern und authentischem Material aus der Heimat. Ebenso ebnete sie ab 1995 den Weg für regelmäßige Schüleraustausche. Für ihr Engagement erhielt sie 2006 die Paul-Harris-Auszeichnung der Internationalen Rotary Stiftung.
Um das Schicksal jüdischer Familien in Oelde und auch das ihrer ehemaligen jüdischen Klavierlehrerin Trude Hope für die Nachwelt zu erhalten, regte sie 2003 die Herausgabe der Dokumentation „Ausgegrenzt, Anerkannt und Ausgelöscht“1 an.
Ein besonderes Anliegen waren ihr die Frauenbildung und die Stellung der Frau in der Kirche. In der Kirchengemeinde St. Joseph gründete sie 1955 den Mütterverein, deren Vorsitz sie 24 Jahre lang inne hatte. Auch die Gründung der Familienbildungsstätte in Oelde im Jahr1972 ging auf ihre Initiative zurück.
Seit 1961 war sie Mitglied im Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem. Ihre herausgehobene Position hat sie stets als Verpflichtung zu sozialem Engagement betrachtet.


Cordula Bartscher-Hemford

1 Tillmann, Walter, „Ausgegrenzt, Anerkannt und Ausgelöscht“ Geschichten, Berichte, Episoden und Anekdoten aus Leben und Untergang der jüdischen Minderheit in Oelde, hg.v. Kreisgeschichtsverein Beckum-Warendorf e.V. – Warendorf: Kreisarchiv, 2003.