„Vor dem Königlich Preussischen Rechts-Anwalt und Notar von Person und als dispositionsfähig bekannt erschienen der Schuster Everhard Klaverkamp und die Frau Wittwe Kaufmanns Leeser Reinhaus Malchen…“1

Malchen Reinhaus

1809 – 1883

Drensteinfurt
Sendenhorst

Kloster/Kirche/Religion

Grabdenkmal für Malchen Reinhaus mit hebräischer Schrift
Foto: © Sabine Omland

Der Kaufvertrag, den die Witwe Malchen Reinhaus in ihrer Eigenschaft als Frau des verstorbenen Synagogenvorstehers mit dem Schuster Everhard Klaverkamp am 4. Juli 1870 schloss, leitete einen neuen Abschnitt in der Geschichte der kleinen jüdischen Gemeinde Drensteinfurt ein.

Amalia Reinhaus, 1809 in Sendenhorst als Merle Löwenstein geboren, heiratet 1840 Leeser Reinhaus, den Vorsteher der jüdischen Gemeinschaft in Drensteinfurt, damals Filiale der Synagogengemeinde Werne. Bereits 1861 stirbt Leeser Reinhaus. Nach seinem Tod verlieren die Drensteinfurter Juden zunehmend an Einfluss in der Hauptgemeinde Werne. Sie gehören nicht mehr dem Vorstand an und werden nur noch als Stellvertreter in die Repräsentantenversammlung gewählt. In dieser Situation entschließt sich Malchen Reinhaus, ein hinter der katholischen Kirche gelegenes Grundstück für den Bau eines Bethauses zu kaufen. Die wenigen Mitglieder der kleinen jüdischen Gemeinschaft, sieben Familien mit 38 Personen, können nur einen Teil der veranschlagten Baukosten von etwa 1700 Talern aufbringen. So ist der von Malchen Reinhaus gezahlte Kaufpreis von 210 Talern für das Baugrundstück eine wichtige Anschubfinanzierung für das Synagogenprojekt. Als das Bethaus zwei Jahre später eingeweiht wird, haben die Gemeindemitglieder mehr als Dreiviertel der Baukosten durch eine Haussammlung bei den jüdischen Gemeinden in der Provinz Westfalen und durch eigene Beträge aufgebracht, so dass die verbleibende Zinslast für die kleine Gemeinde tragbar ist. Die Synagogeneinweihung, mit einem Ball und einem Konzert gefeiert, markiert den ersten großen Schritt der Drensteinfurter jüdischen Gemeinschaft in die Selbständigkeit, die allerdings erst 1890 formal vollzogen wird. Im selben Jahr geht auch das Synagogengrundstück durch testamentarische Verfügung der 1883 verstorbenen Malchen Reinhaus in den Besitz der jüdischen Gemeinde über.

Offenbar spielte nicht nur Malchen Reinhaus eine wichtige Rolle in der jüdischen Gemeinde. So nahm Lena Reinhaus noch 19 Jahre nach dem Tode ihres Mannes sein Stimmrecht wahr und 1925 gehörte Drensteinfurt zu den wenigen jüdischen Gemeinden, die den Frauen das aktive und passive Wahlrecht für die Repräsentantenwahlen einräumten.


Sabine Omland

1 Stadtarchiv Drensteinfurt