„marito deserto – Sie verließ ihren Ehemann“1

Johanna von der Recke

1475 – 1540

Drensteinfurt

Kloster/Kirche/Religion

Abb.: Ehevertrag zwischen Johann von der Recke zu Drensteinfurt und Johanna von Mirler zu Mylendonck, 1494.

Ergriffen von der Hoffnung auf eine wahrhaft christliche Gesellschaftsordnung zogen viele Menschen im Februar und März 1534 nach Münster, wo die Täufer in jenen Wochen das Regiment übernahmen. Manche folgten der Einladung in die „Stadt Gottes“, weil Propheten verkündeten, dass Christus wiederkommen und in Münster seine Friedensherrschaft antreten würde.
Johanna von der Recke stand im Alter von wahrscheinlich 58 oder 59 Jahren. Mit Anna und Margaretha, ihren beiden jüngeren Töchtern, ging auch sie von Drensteinfurt nach Münster. Dorothea, die älteste Tochter, hatte wenige Wochen zuvor ihr dortiges Leben als Stiftsdame zu Überwasser aufgegeben und sich den Täufern angeschlossen. Ehemann und Sohn, beide hießen Johann, standen auf der Gegenseite. Sie mussten sich auf Befehl des Fürstbischofs an der Belagerung der Stadt beteiligen. Die Täufer wurden als „Wiedertäufer“ durch ein Reichsgesetz mit scharfen Strafen bedroht.
Johanna war 1494 als Tochter Johanns von Mirler zu Mylendonck aus dem Rheinland nach Drensteinfurt gekommen. Schloss Myllendonk in Korschenbroich bei Mönchengladbach besteht noch heute. Wann Johanna das Reformationsgeschehen in Deutschland zu verfolgen begann, ist nicht überliefert, doch wird sie seit 1530 durch ihre Tochter Dorothea von den Predigten Bernhard Rothmanns in der Mauritzkirche vor Münster und seit 1532 von der Entwicklung Münsters zur evangelischen Stadt und von der Wendung zum Täufertum gehört haben.

Über die persönlichen Motivationen der Mutter und ihrer Töchter gibt es keine Zeugnisse. Bekannt ist aber, dass Johanna die Belagerung und Eroberung von Münster überlebte. Sie wurde begnadigt und kehrte nach Drensteinfurt zurück. 1537 wird sie noch einmal urkundlich genannt. Drei Jahre später, 1540, ist bereits ihre Schwiegertochter Margaretha „Frau zu Steinfurt“.
Berührung mit reformatorischem Denken hatte Johanna von der Recke spätestens im September 1533, als die beiden aus Ahlen vertriebenen Prediger Gerhard Kote, bisher dortiger Stadtsekretär, und Johannes von Bevern, ein ehemaliger Franziskanermönch, in Drensteinfurt von Johann und Johanna von der Recke aufgenommen wurden.

Ihrer damals vollzogenen Wende zum reformatorischen Bekenntnis blieb die Familie bis 1651 treu. Dann trat ein späterer Johann von der Recke zum Katholizismus über. Viele Familien des münsterländischen Adels, die seit über 100 Jahren evangelisch gewesen waren, folgten unter Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen (1650 – 1678), der die Rekatholisierung vorantrieb, dem Beispiel.


Ralf Klötzer

1 Detmer, Heinrich (Hg.): Hermanni a Kerrssenbroch anaba tistici furoris … historica narratio (Geschichtsquellen des Bistums Münster, Bd. 5–6), Münster 1899–1900, S. 511