„Ich arbeite gerne.“1

Herma Blum

1911 – 2002

Ahlen

Handwerk/Handarbeit

Herma Blum

Dass Herma Blum in Ahlen lebte, ist nur einem Zufall zu verdanken. Auf der Flucht aus Mitteldeutschland 1945 in einem gemieteten Auto mit Fahrer ging ausgerechnet in Ahlen zur Sperrstunde das Benzin aus. Sie musste Station machen und blieb gemeinsam mit Mutter und Schwester für den Rest ihres Lebens in dieser Stadt.
Die 1911 in Düsseldorf geborenen Zwillingsschwestern Herma und Anita Blum waren beide künstlerisch begabt. Während Anita sich zunächst der Bildhauerei zuwandte, absolvierte Herma eine Weberlehre und besuchte anschließend die Werkkunstschule in Düsseldorf. Schon mit 23 Jahren gründete sie eine eigene Werkstatt und lehrte ab 1942 zusätzlich an der Textilfachschule in Krefeld.

In Ahlen begann sie 1945 unverzüglich eine neue Werkstatt einzurichten. Hier standen schon bald zwei Hochwebstühle für Gobelins und Knüpfteppiche und drei Flachwebstühle für Stoffe. Zeitweise beschäftigte sie in ihrer Werkstatt fünf bis sieben Lehrlinge und Gesellinnen, ausschließlich Frauen. Hergestellt wurden neben Kleiderstoffen auch Tisch- und Sofadecken, von deren Verkauf sie ihren Lebensunterhalt bestritt. Sieht man sich Stoffe aus jener Zeit an, so beeindrucken sie durch ihre Vielfalt, ihre Festigkeit und ihre intensive Farbigkeit. Neben ihrem Engagement als Webmeisterin, später als Oberwebmeisterin in der Ausbildung und in der Innung, setzte sie sich auch als Mitbegründerin der Arbeitsgemeinschaft Kunsthandwerk NRW für die Förderung und Verknüpfung von Kunst und Handwerk ein.
Mitte der 50er Jahre wurde sie jedoch so krank, dass sie ihre Arbeit für mehr als sieben Jahre unterbrechen musste. Danach begann die künstlerisch produktivste Zeit. Aus der Webmeisterin wurde eine Textilkünstlerin. Sie wandte sich verstärkt der künstlerischen Technik des Gobelins zu. Auf ihren Wand- und Bildteppichen sind vielfach Gärten zu sehen, Flora und Fauna, besonders Fische, daneben auch Darstellungen von Tages- und Jahreszeiten und der Schöpfung. Ihre Werke werden in den folgenden Jahren immer abstrakter, kleinformatiger, die Farbgebung immer heller. Auffallend ist ihr freier Umgang mit den Farben, ihre ganz persönliche Note. Es sind warme, intensive Farben, immer Zwischentöne und weiche Übergänge, die Grundfarben findet man bei ihr nie. Die Wolle färbte sie stets selbst, leider trug die Essigsäure, die sie dabei verwandte, mit dazu bei, dass sie in ihren letzten Jahren fast ganz erblindete. Sie starb 2002 in Ahlen.

Neben ihrer künstlerischen Selbständigkeit und persönlichen Unabhängigkeit beeindruckte Herma Blums Arbeitsethos, ihr „Pflichtbewusstsein gegenüber ihrer Kunst“ . Nur wenige ihrer Arbeiten sind öffentlich zugänglich. Im Rathaus der Stadt hängt ein großformatiger Gobelin, der Ahlen als ‚Industriestadt im Grünen‘ zeigt, den Herma Blum nach einem Entwurf des Ahlener Künstlers Hermann Schweizer anfertigte.


Ulrike Rossi-Epke

1 Smitmans, A.; Herma Blum, In: Ausstellungskatalog Robert Paulmichl Plastiken, Herma Blum Wandteppiche Ahlen 1981, S.22
2 Ebenda.