„Hier ruht unsere liebe Mutter
Keiner von uns vergisst, was sie für uns tat…“

Hedwig Terhoch

1897 – 1969

Drensteinfurt

Recht/Rechtlosigkeit

Abb.: Hedwig Terhoch mit zwei Pflegetöchtern zu Besuch in Drensteinfurt, ca. 1955.

So lautet die Inschrift auf dem Grabstein in Enschede, wo die Drensteinfurter Jüdin Hedwig Terhoch ihre letzte Ruhestätte fand. Die drei Schwestern de Leeuw ehren mit diesen Worten das Andenken ihrer Pflegemutter, die ihnen nach der Ermordung ihrer leiblichen Eltern zu einer wirklichen Mutter wurde.

Die Judenverfolgung während des Dritten Reichs hat im Jahre 1937 die damals vierzigjährige Hedwig Terhoch in das vermeintlich sichere Nachbarland Holland vertrieben, während ihre Schwestern Emma und Helene bei der alten und kranken Mutter in Drensteinfurt bleiben. Sie geht zunächst nach Losser und tritt dann eine Stelle in Enschede an. Hedwig Terhoch arbeitet als Haushälterin bei der Familie de Leeuw in Enschede. „Meine Eltern hatten eine Schlachterei in Enschede und waren den ganzen Tag im Geschäft. Frau Terhoch beschäftigte sich mit den Kindern und kümmerte sich um den Haushalt“, erinnerte sich die jüngste Tochter Ity 1988. Nach der Besetzung Hollands durch deutsche Truppen und der Verschleppung des Vaters der Familie de Leeuw nach Mauthausen werden die Kinder, ihre Mutter und Hedwig Terhoch mit Hilfe einer Untergrundorganisation getrennt zu verschiedenen „Untertauchadressen“ gebracht. Zuvor verspricht Hedwig Terhoch Frau de Leeuw, die drei Mädchen aufzuziehen, falls ihre Eltern nicht zurückkehren. Doch genau das geschieht. Frau de Leeuw wird in Amsterdam denunziert und nach Auschwitz deportiert, während Hedwig Terhoch der Deportation in verschiedenen Verstecken an der deutsch-holländischen Grenze entgeht. Die drei Mädchen kommen nach Kriegsende zurück nach Enschede, zu Hedwig Terhoch. „So wurde sie unsere Mutter. Sie ist nie verheiratet gewesen und hat uns allein aufgezogen.“ Die Familie wohnt in Enschede im Haus der Großeltern der drei Mädchen. Die Vermietung der oberen Etage des Hauses hilft, den Lebensunterhalt der vier Personen zu bestreiten.

In den fünfziger Jahren besucht Hedwig Terhoch mehrmals mit ihren Töchtern frühere Freunde in Drensteinfurt, trotz der Erinnerung an die Verfolgung und Ermordung ihrer beiden Schwestern und anderer Familienangehöriger. In den letzten Jahren lebt sie im jüdischen Altersheim in Enschede, wo sie 1969 stirbt.


Sabine Omland