Mit siebzehn Jahren kommt Süheda Topcu aus Izmit am Marmarameer nach Deutschland, gemeinsam mit ihrem 15 Jahre älteren Ehemann, der ihr ein Studium versprochen hat – jene Perspektive, die die Familie eher dem kranken Bruder als der begabten Süheda aufzeigt. Das frischvermählte Paar zieht in die Wohnung des Mannes in einem kleinen Dorf bei Schwäbisch-Hall, wo er als ungelernter Arbeiter beschäftigt ist.

Die naiven Zukunftsträume Sühedas verkehren sich schnell ins Gegenteil, sie wird schwanger, von Schule und Abitur ist nicht mehr die Rede, der Ehemann erweist sich als extrem eifersüchtig, setzt seine Interessen mit Gewalt durch, sperrt die attraktive Süheda mit der kleinen Tochter tagsüber ein. Dennoch lernt Süheda Deutsch – mit Hilfe des Fernsehens.
Nach vier Jahren Martyrium schließlich gelingt ihr, unterstützt durch eine Nachbarin, die Flucht nach Stuttgart. Die kleine Tochter ist inzwischen bei Sühedas Familie in der Türkei. Ohne Pass, ohne Arbeitserlaubnis und in ständiger Angst, von ihrem rachsüchtigen Ehemann gefunden zu werden, jobbt Süheda Topcu in Kneipen und Restaurants, bis ihr eine deutsche Arbeitskollegin, die zu ihrer Familie nach Hamm-Heessen zurück will, vorschlägt nachzukommen. 1982 trifft Süheda in Ahlen ein. Sie findet Freunde und Unterstützer, arbeitet weiterhin schwarz. Der damalige Bürgermeister Jaunich setzt sich für sie ein. Mit Hilfe des Petitionsausschusses erhält sie schließlich nach acht Jahren ihren türkischen Pass wieder und eine Aufenthaltsgenehmigung. Süheda heiratet ein zweites Mal, doch ihr zweiter Mann ist alkoholabhängig, nach kurzer Ehe trennt sie sich, bleibt mit dem gemeinsamen Sohn in der Wohnung in Ahlen. Sie erwirbt den Führerschein und macht schließlich mit 40 Jahren ihren Hauptschulabschluss an der Volkshochschule. Ihr erster Mann ist inzwischen tot, ermordet, Gerüchten zufolge von den Brüdern seiner noch verheirateten Geliebten.

Süheda Naisar, in Ahlen kennen sie viele nur unter ihrem „Verstecknamen“ Tülay, weiß wovon die Rede ist, wenn sich Frauen – gleich welcher Herkunft – in Not an sie wenden. Informell und privat engagiert sie sich für Leidensgenossinnen, fährt Frauen ins Frauenhaus oder begleitet sie zur Beratung, stellt Verfolgten und Misshandelten auch schon mal ihr eigenes Bett für eine Nacht zur Verfügung, organisiert Frauengesprächsgruppen, vertritt die Interessen von Frauen aus anderen Kulturen in verschiedenen Gremien, hilft und unterstützt, wo sie kann. Gerne würde sie noch einen Berufsabschluss machen, ein Studium absolvieren – das ist ihr persönlicher Traum.

Seit nunmehr 43 Jahren sitzt Rita Drees, die kleine drahtige Frau aus Everswinkel, fest im Sulky. Die Erfolgsliste der Amateur-Trabrennfahrerin ist lang und liest sich wie eine unglaubliche Geschichte. Zweimal wurde sie Europameisterin, 2284 Siege mit einem Preisgeld im zweistelligen Millionenbereich hat die lange Zeit in Everswinkel lebende Sportlerin bei Rennen im In-und Ausland geholt, davon allein 62 Siege im letzten Jahr.

Zum 13. Mal hat sie 2007 das Bundesdeutsche Championat als bester Amateur – Trabrennfahrer Deutschlands gewonnen. An ein Aufhören denkt die Pferdesportlerin noch lange nicht. „Solange es meine Gesundheit zulässt, fahre ich weiter.“ Grundlagen ihres sportlichen Erfolgs sind ihrer Meinung nach eine weiche Hand im Umgang mit dem Pferd, Einfühlungsvermögen gepaart mit Verständnis, Erfahrung und einer gehörigen Portion guter Nerven. Die hat sie in den vier Jahrzehnten aktiven Sports auch gut gebrauchen können. Ihre Liebe zu Trabrennen kommt nicht von ungefähr.
Sie war ein junges Mädchen, als ihr Onkel und Trainer Erich Speckmann sie mit zu Rennen nahm und später ausbildete. Auf Wunsch der Mutter musste die junge Rita jedoch zunächst die Schule besuchen und eine Lehre absolvieren. Die qualifizierte Ausbildung zur Industriekauffrau bei der Firma Winkhaus in Telgte nutzte sie für eine spätere Festanstellung beim Hauptverband für Traberzucht mit Sitz in Bonn, später Kaarst, für den sie bis zu ihrer Pensionierung fast 45 Jahre lang arbeitete. Mehrmals in der Woche fuhr sie zu Trabrennen, investierte Zeit und Geld in ihr Hobby, denn als Amateurfahrerin steht das Preisgeld den Besitzern der Rennpferde, nicht aber den Fahrern zu. Unterstützt wurde und wird sie noch heute von Freundin Karola Döme, die 1963 den Trabrennsport für Frauen salonfähig gemacht hat. Gab es in den ersten Jahren noch eine reine Damenklasse, kämpfen heute Männer und Frauen gleichberechtigt Seite an Seite. Gemeinsam haben Rita Drees und Karola Döme zahlreiche Trabrenn-Termine im In- und Ausland absolviert.

Ihr Lebensmittelpunkt ist heute Gronau/Epe. Und wenn es die Zeit zulässt, dann sieht man sie gemeinsam auf dem Golfplatz oder beim Radfahren. Dackel „Lea“ als ständiger Begleiter ist beiden Frauen ans Herz gewachsen. Inwieweit er das Hobby der Pferdenärrinnen teilt, ist nicht dokumentiert. Rita Drees jedoch wird ihrer Leidenschaft auch mit 66 Jahren noch gern und oft nachgehen und sicherlich viele Siege mit nach Hause bringen.

Das ist das Motto der Hilde-Fuest-Stiftung. Die 68-jährige Neubeckumerin ist Vorbild für gesellschaftliches Engagement. Getreu ihrem Motto, die Dinge nicht nur beim Namen zu nennen, sondern die eigenen Ideen in Taten umzusetzen, hat die Unternehmersfrau aus Neubeckum 1999 die Hilde-Fuest-Stiftung gegründet. Ihr vorrangiges Ziel ist es, Kinder und Jugendliche aus allen sozialen Schichten frühzeitig für das Vereinsleben zu gewinnen und sie durch eine öffentliche kreative und zeitgemäße Projektarbeit auf Dauer in die Sportvereine zu integrieren. Aus der Arbeit und dem Training mit Kindern und Jugendlichen ist die Idee gewachsen, ihnen mit Hilfe vorbildlich geführter Sportgruppen ein zweites Zuhause zu geben. Im Rhythmus von zwei Jahren werden jeweils 10.000 Euro von der Hilde-Fuest-Stiftung ausgeschüttet. Sportvereine aus der Stadt Beckum erhalten eine finanzielle Förderung, aber nur dann, wenn sie sich mit einer Dokumentation ihrer geleisteten Arbeit in einem Projekt über die letzten zwei Jahre beworben haben und als Dritt- oder Zweit- oder Erstplatzierte hervorgehen.

Das Engagement von Hilde Fuest ist groß. Die bekannte und beliebte Neubeckumerin hat den Schwimmverein Undine 12 Jahre als erste Vorsitzende geleitet und die Partnerschaft mit dem Schwimmverein CS Cellois in La Celle St. Cloude (Frankreich) vor 30 Jahren mitbegründet. Sie selbst ist heute noch aktive Sportlerin, wobei sie den Schwerpunkt auf Tennis und Training für das Sportabzeichen legt. Das Goldene Sportabzeichen wurde ihr in diesem Jahr zum 28. Mal verliehen. Ihr Herz schlägt auch für die Singgemeinschaft Beckum, bei der sie 14 Jahre als zweite Vorsitzende wirkte und viele Reisen und Konzerte organisierte.
Auch beruflich hat Hilde Fuest viel bewegt und erreicht. 1964 war sie die erste Frau Deutschlands, die ein Studium als Baubetriebsingenieurin in Mainz erfolgreich abschloss. Ein Jahr später kam die gebürtige Saarländerin nach Neubeckum. Gemeinsam mit ihrem Mann baute sie die Fuest-Unternehmensgruppe, d.h. fünf Kliniken und drei Altenpflegeheime, auf und erzog die drei gemeinsamen Töchter. In den folgenden Jahren begleitete sie zudem noch Patienten in der Klinik Am Malerwinkel in Bad Sassendorf, der heutigen Residenz Bad Sassendorf.

Wenn sich Hilde Fuest auch vor fünf Jahren aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hat, wird sie nicht müde, gemeinnützige Projekte zu initiieren und zu unterstützen. Nächstes Ziel der engagierten Sportlerin ist die Gründung einer Stiftung in weiteren Städten des Kreises Warendorf.

So lautet ein Lebensmotto der aus Münster stammenden und seit 1964 in Ostbevern lebenden Grundschullehrerin. Die Schullandschaft in Ostbevern hat sie als Lehrerin und in besonderer Weise als Konrektorin und von 1996 bis 2002 als Rektorin der Ambrosius-Grundschule geprägt.

Beruf, Familie und die Politik galt es zusammenzubringen „Frauen müssen berufstätig sein können, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen!“, so ihr Wahlspruch. Nach einigen Jahren im Rat der Gemeinde Ostbevern als CDU-Vertreterin erfolgte 1988 ihre Wahl zur ehrenamtlichen Bürgermeisterin: Für ein Dorf im Münsterland sicher eine Sensation. Das traditionelle Treffen an der Theke ist nicht ihre Sache, Überzeugungsarbeit liefert sie in anderen Zusammenhängen. Beharrlichkeit in der Verfolgung der angestrebten Ziele, die besondere Fähigkeit, andere Menschen in ihren Anliegen zu verstehen und ernst zu nehmen, haben ihr in ihrer politischen, sozialen und pädagogischen Arbeit sehr geholfen. Geprägt durch eine christliche Erziehung, verwurzelt in ihrer katholischen Kirche, der sie durchaus in manchen Bereichen kritisch begegnet, ist der soziale Bereich für sie eine besondere Verpflichtung. War es zunächst im schulischen Bereich die intensive ganzheitliche Bildung der Kinder, setzte sie sich bald für die Integration Behinderter in die Regelklassen ein. Dem Verein zur Integration Behinderter in Ostbevern fühlt sie sich verbunden, 1974 gründete sie die Mutter-und-Kind-Hilfe mit. Ging es zunächst um die Vermittlung von Tagesmüttern im Bereich Ostbevern, kümmert man sich heute zusätzlich in eigenen Einrichtungen um die außerfamiliäre Betreuung von Kindern.

Hildegard Tünte-Poschmann war zwar in vielen Parteigremien tätig, ihre eigentliche Arbeit sieht sie aber auf Orts- und besonders auf Kreisebene. Die Vorsitzende des Sozialausschusses im Kreistag hält den Kontakt zur Basis. Betroffen war die katholische Christin durch den Rückzug ihrer Kirche aus der Schwangerschaftskonfliktberatung. Donum Vitae im Kreis Warendorf im Jahr 2000 mitzubegründen, war ihr ebenso ein Anliegen wie die bis heute andauernde Arbeit im Hospizkreis in Ostbevern. Erfahrungen im eigenen Umfeld waren zusätzliche Motivation. „Meine Fähigkeiten habe ich dazu erhalten, dass ich sie für den Mitbürger, für den Nächsten einsetze – überall dort, wo ich gebraucht werde.“ Mann / Frau muss schon Energie geladen, hoch motiviert und organisiert sein, um einem solchen Anspruch, um dieser Arbeitsleitung gerecht werden zu können.

…sagt Heffa Schücking, während ihre braunen Augen ruhig und gelassen durch das sandsteingerahmte Küchenfenster direkt auf die barocke Pfarrkirche der ehemaligen Residenzstadt Sassenberg blicken. Aber ihre Kindheit verbrachte sie weder in Afrika oder Indien, noch in Sassenberg auf dem von Johann Konrad Schlaun erbauten Familienstammsitz, sondern im Wilden Westen – in Texas. Dorthin hatte ihr Vater, der Physiker Engelbert Schücking, seine Familie Anfang der 60er Jahre mitgenommen. 1974 zog Heffa nach Sassenberg, und seit 1992 befindet sich hier der von ihr gegründete Verein Urgewald.

Heffas markantes Sternzeichen ist aber eher Profil als Symbol des Engagements. Das waren viel mehr die Primaten, jene Affen, mit deren Verhalten sie sich im Biologiestudium beschäftigte und deren Lebensräume heute massiv bedroht sind. Anders als ihre ersten role models, die großen Verhaltensforscherinnen Jane Goodall oder Dian Fossey, setzte sie von Anfang auf politischen Umweltschutz. „Menschenrechte und Umweltschutz hängen eng zusammen.“ Und wenn nötig, reist sie heute z.B. ins Land der Löwen nach Indien, um für ihre Kampagnen gegen die Zerstörung von gewachsenen Lebensräumen für Menschen und Tiere durch industrielle, von westlichen Großbanken finanzierte Projekte zu recherchieren – egal ob es dabei um die Abholzung der Regenwälder, riesige Zellstoffplantagen zur Papierherstellung, den Bau einer gigantischen Ölpipeline oder eines Staudamms geht, für den dutzende von Dörfern überflutet werden sollen, oder um ein Kohleabbaugebiet, das zur Zwangsumsiedlung – gemeint ist Vertreibung – von 200.000 Menschen führen würde. Gemeinsam mit sieben anderen Beschäftigten stört Urgewald mit ihren Kampagnen die Kredit- und Spekulationsgeschäfte der Weltbank und westlicher Konzerne.

Heffa Schücking verhandelt in den Vorstandsetagen der Banker, informiert z.B. auf Aktionärsversammlungen der kreditgebenden Gesellschaften und zeigt den Entscheidungsträgern persönlich und direkt vor Ort, wie sie durch ihr Geld Tausenden von Menschen die Existenzgrundlagen nehmen würden. Ihre Strategien sind eindeutig: die verantwortlichen Geldgeber informieren, Betroffenheit vermitteln, mediale Aufmerksamkeit schaffen und die Entscheidung herbeiführen, den Geldhahn zuzudrehen. Gemeinsam mit Urgewald ist Heffa Schücking das bereits mehrfach gelungen. In den Vorstandsetagen deutscher Banken ist ihr Name ein Signal. „Aber auch wenn eine Kampagne scheitert, geben wir nicht auf, sondern helfen den Betroffenen, sich weiterhin zu wehren.“

1994 wurde sie für ihr Engagement mit dem renommierten US-amerikanischen Goldman-Prize ausgezeichnet, ein Jahr später ernannte die Mona-Lisa-Redaktion des ZDF sie zur Frau des Jahres.
Und am Schluss des Interviews schaut Heffa Schücking doch etwas sphinxhaft: „Ach übrigens, auf welchem Papier wird eigentlich dieses Buch, für das wir dieses Gespräch führen, gedruckt?“

…so schreibt die 18jährige Katharina Busch 1809 aus Ahlen an ihren Mentor Anton Mathias Sprickmann. Seit ein paar Monaten lebt sie wieder in ihrem Geburtsort, nun als Hausgehilfin bei der Familie von Kalkstein auf dem Adelssitz Severinghausen. Vermutlich nicht ganz freiwillig hatte sie ihre Familie in Dülmen verlassen, um selbst zum Lebensunterhalt beizutragen. Obwohl der Vater Richter ist, reicht sein schmales Einkommen nur knapp für seine zwölf Kinder. Erst unlängst sind ein paar ihrer Gedichte in der Mimigardia, einem poetischen Taschenbuch mit Beiträgen von Schriftstellerinnen und Schriftstellern aus Münster, veröffentlicht worden. Zuvor hatte Katharina eine kurze Zeit in Münster verbracht, wo Sprickmann sie in den Kreis um die Fürstin von Gallitzin einführte.
Aus Severinghausen beginnt sie in Erinnerung an ihre glanzvolle Zeit in Münster einen Briefwechsel mit dem Dichter und Juristen Sprickmann, der bis zu ihrem Tode währen sollte. Darin bittet sie ihn immer wieder um literarischen, später auch persönlichen Beistand. Aber ein literarischer Durchbruch gelingt ihr ebenso wenig wie vielen anderen hochbegabten Frauen dieser Zeit – und schon gar nicht mit solchen konservativen Ratgebern wie Sprickmann, der weder Annette von Droste-Hülshoff noch Katharina Busch in ihren schriftstellerischen und persönlichen Entwicklungen fördert. Stattdessen heiratet Kathinka den Juristen Paulus Modestus Schücking, folgt ihm ins abseits gelegene Emsland in eine unglückliche Ehe und in eine Einsamkeit, die arm an gesellschaftlichen Reizen und kulturellen Ansprüchen ist. Sechs Geburten zehren an ihrer Gesundheit, zwei Kinder verliert sie kurz nach der Geburt, sie selbst stirbt früh – erst 40jährig.

Schon 1809 in Ahlen-Severinghausen hatte sie ihr Schicksal vorhergesehen: „Wenn ich den beschränkten Wirkungskreis meines armen Geschlechts bedenke, wär ich doch kein Weib geworden!, das sich so geduldig in all‘ die Fesseln und Einschränkungen des bürgerlichen Lebens schmiegen muss, und das, so verschieden auch sein Charakter und seine Geisteskräfte sein mögen, doch immer sich derselben Bestimmung fügen muss.“ Wäre sie nicht die Mutter Levin Schückings und ein frühes Vorbild für Annette von Droste-Hülshoff gewesen, die ihr mit ihrem Gedicht „Westfalens Dichterin“ ein ehrendes Gedenken bewahrt, wäre sie vermutlich spurlos in Vergessenheit geraten.

Noch zu Kriegszeiten 1940 studierte sie – neben ihr war nur noch eine weitere Frau als Zivilistin im Hörsaal – Tiermedizin in Hannover und legte 1943 ihr Examen ab. Im niedersächsischen Holtorf baute sie innerhalb von vier Jahren ihre erste Praxis auf, finanzierte damit auch das Studium ihres Mannes und bekam in dieser Zeit drei Kinder. 1955 kehrte sie vorübergehend in ihren Geburtsort Sassenberg zurück und eröffnete ein Jahr später – nach der Geburt ihres vierten Kindes – eine Kleintierpraxis in Gelsenkirchen. 1966 übernahm sie als erste Schlachthofdirektorin Europas die Leitung des Schlachthofes in Warendorf für elf Jahre. Als der Schlachthof geschlossen wurde, machte sie sich mit einer Kleintierpraxis in Sassenberg selbständig.

Ende 1978 lernte ich sie kennen – im damaligen Warendorfer Frauenzentrum an der Milter Straße – jene Frau, die früh gegen den §218 auf die Straße gegangen war, um Frauenrechte zu vertreten. Neben erschütternden Lebensgeschichten, die in einer Gruppe von über zwanzig unterschiedlichen Frauen bei den wöchentlichen Treffen ausgetauscht wurden, herrschte dort Aufbruchsstimmung und engagiertes Handeln. Bürokratische Verhandlungen, Gespräche mit Zweiflern und Skeptikern waren nichts für Sibylle. Fakten schaffen, das war es, was damals zählte und wofür sie eintrat. So entstand 1979 durch die Anmietung einer Innenstadtwohnung das Frauenhaus in Warendorf als eines der ersten in der Bundesrepublik. Schon wenige Jahre später kaufte Sibylle gemeinsam mit ihrer Schwester Annette ein großes Gebäude, in dem seitdem das Warendorfer Frauenhaus unzähligen Frauen und Kindern Zuflucht und Geborgenheit bietet.

Sibylle konnte zuhören, Situationen analysieren und daraus praxisorientierte Lösungen entwickeln. So gehörte sie 1988 zu den Gründungsfrauen des Vereins gegen sexuellen Missbrauch an Kindern in Beckum, engagierte sich bei terre des femmes für Frauenrechte weltweit, war Mitbegründerin der Lobby für Menschenrechte e.V. und ihre zweite Vorsitzende. 1979 gründete sie in Warendorf die Frauenpartei und wurde zur ersten Vorsitzenden gewählt. Von 1984 – 1989 war sie für die Partei der Grünen im Warendorfer Kreistag. 1997 rief sie das Kreisfrauenforum, einen Zusammenschluss aller Fraueninitiativen und Verbände im Kreisgebiet, ins Leben.
Sibylle Schücking-Helfferich war eine unruhige Vordenkerin, die sich nie auf dem Erreichten ausruhte. Der Kampf für die Rechte der Frauen gehörte zu ihrem Alltag, und mit diesem Kampf war sie für viele ein Vorbild.

So beschrieb Schwester Petra später ihren Weg zur Ordensgründung in Indien.
Zunächst wuchs sie in einem katholischen und toleranten Elternhaus mit jüdischen und evangelischen Freunden in Oelde auf. Paula galt als intelligent, witzig und fröhlich. Nach dem Abitur studierte sie in Münster und Breslau Biologie, Latein und Religion. Christliche Werte, vor allem die Nächstenliebe, prägten mehr und mehr ihr Denken. Familie und Freunde waren überrascht, als sie 1946 als Schwester Petra in den Schulorden der Werler Ursulinen eintrat und in deren Gymnasien in Werl und Neheim-Hüsten unterrichtete. Doch angesichts des wachsenden Wohlstands in Deutschland fand Schwester Petra es immer mehr vermessen, „mich hier so komfortabel eingerichtet zu sehen“2. Sie hatte auch das beklemmende Gefühl, als Ursuline nicht ihrer wirklichen Berufung gefolgt zu sein und erreichte eine Freistellung für drei Jahre, um als Entwicklungshelferin nach Afrika oder Asien zu gehen.

Durch Vermittlung eines deutschen Arztes kam sie zu einem Caritas-Institut in Südkerala/Indien und unterrichtete dort Novizinnen in Religion, Englisch und praktischen Fertigkeiten, und sie half im dortigen Hospital. Die Armut der Menschen in den abgelegenen Dörfern blieb ihr nicht verborgen. Sie begann, Hilfsprogramme und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zu entwickeln. Mit wachsender Unruhe erkannte sie, dass sie hier hauptsächlich für den Mittelstand arbeitete. Sie war noch nicht am Ziel. Durch glückliche Umstände kam es zu einer Begegnung mit Bischof Patroni und Pater Zucol aus der Diözese Calicut, die dringend Schwestern für umfangreiche Hilfsprogramme suchten. Die Aufgaben und die äußeren Gegebenheiten sagten Schwester Petra zu. Sie kämpfte um mehr Zeit, aber eine weitere Freistellung wurde abgelehnt, ebenso der Vorschlag der Gründung einer Niederlassung der Ursulinen, so dass sie sich entschloss, eine eigene Gemeinschaft zu gründen. Im Einvernehmen verließ sie ihren Orden. Der 1. Juni 1969 gilt als Gründungstag der DINASEVANASABHA – Dienerinnen der Armen. Auf einem Hügel, dem Snehaniketan – Platz der Liebe -, nahe dem Fischerdorf Pattuvam begann Schwester Petra mit acht jungen Mädchen unter schwersten Bedingungen ihre Arbeit mit dem Ziel, den Menschen zu zeigen, wie man sich selbst helfen kann. Sie war sich sicher: „Hierhin hat mein Gewissen mich geführt, hier werde ich bleiben“3. Am 5. Juni 1976 verstarben Schwester Petra und vier weitere Schwestern bei einem Verkehrsunfall.

Die Liebe und Hilfe dieser mutigen charismatischen Frau hat in den jetzt nahezu 40 Jahren Tausende von Leprösen, AIDS-Opfern, geistig und körperlich Behinderten, Alten, Waisen, Ausgestoßenen und Chancenlosen erreicht. 2003 wurde DINASEVANASABHA vom Vatikan als Orden päpstlichen Rechts anerkannt und ist heute mit über 80 Niederlassungen, zwei davon in Dortmund und Oelde, und rund 630 Schwestern in nahezu ganz Indien vertreten.

Dieser Ausspruch von Bernhard Clairvaux steht als Leitsatz für Schwester Firmata in einem Jahresbüchlein. Weiter heißt es dort: „Schwester Firmata drängte sich niemals auf; sie mied das Laute und Lautstarke. Aber ihr beherztes Eintreten für die Menschen, ihr Gottvertrauen und ihre tiefe Frömmigkeit fanden immer wieder Wege der Versöhnung und des Friedens. Sie förderte das Beste in jedem Menschen, lockte das Gute, lobte und ermutigte – und erzielte so echte Erfolge bei den Kranken.“1
Wer war diese Frau? Die Recherche zu einer einzelnen Mauritzer Franziskanerin ist nicht leicht. Es ist nicht im Sinne des Ordens, individuelle Leistungen und Erfahrungen hervorzuheben. Die Schwestern machen kein Aufheben von ihren Tätigkeiten und hinterlassen kaum dokumentierte Spuren.

Als Maria Deffte wurde sie am 8. Dezember 1923 in Kirchhellen in eine bürgerliche Familie geboren und hatte zwei Geschwister. Ungefähr ab 1942 besuchte sie die Krankenpflegeschule am St. Franziskus-Hospital in Münster. In diese Zeit fiel auch ihre erste Besichtigung des Telgter St. Rochus-Hospitals und ihre erstmalige Begegnung mit psychisch Kranken. Am 28. April 1945 trat sie in den Orden nach der dritten Regel des Hl. Franziskus ein. Als ausgebildete Krankenschwester ging sie 1948 in das St. Joseph-Stift nach Bremen und kehrte 1954 ins Münsterland zurück, um als Stationsschwester im St. Rochus-Hospital in Telgte zu arbeiten. 1972 wurde sie Schwester Oberin im Stift Tilbeck, zehn Jahre später im St. Rochus-Hospital. Mit 70 Jahren wechselte Schwester Firmata in den Konvent „Maria Hilf“ über, leitete dort den Handarbeitsraum und arbeitete gemeinsam mit den älteren Schwestern zur Unterstützung der Missionsstationen. Am 9. November 1996 erlag sie einer langjährigen Herzkrankheit.

Mit ihrer starken Persönlichkeit hinterließ Schwester Firmata im St. Rochus-Hospital deutliche Spuren. Unter ihrer Pflegedienstleitung änderte sie den Umgang mit den psychisch Kranken grundlegend und wurde damit zur Vorreiterin einer modernen Psychiatrie. So hob sie die Abgeschirmtheit der Kranken auf, bezog sie ins Alltagsleben ein und öffnete das Hospital für die Öffentlichkeit. Die großen Erweiterungsbauten des Hospitals sind maßgeblich von ihr angestoßen worden. Bis zu ihrem überraschenden Tod war sie immer in Bewegung. Um schneller vor Ort zu sein, fuhr sie mit dem Fahrrad durch die Gänge im Klinikkeller.

Auf ihre Leistungen angesprochen, verwies sie immer „auf den, der letztlich hinter allem steht“2. Nach weltlichem Verständnis war sie eine Managerin mit Weitblick und Führungsqualitäten.
1981 wurde Schwester Firmata für ihre außerordentlichen Verdienste mit der Paulus-Plakette des Bistums Münster ausgezeichnet.

In diesen Lobgesang auf die plattdeutsche Sprache ihres Lieblingsdichters Augustin Wibbelt hätte Berta Kloß sicherlich stets eingestimmt.
Elisabeth Theodora Schemmel wurde am 12.August 1919 als jüngstes von fünf Kindern in Telgte geboren. Auch nach ihrer kaufmännischen Ausbildung im Apothekengroßhandel in Münster, ihrer Heirat und der Geburten ihrer Kinder Peter und Barbara war Frau Kloß in Telgte fest verwurzelt, wo man sie unter dem Namen Berta kannte.
Mit 19 Jahren hatte sie erste Kontakte mit dem Plattdeutschen Theater, als 1938 die Kolpingfamilie im Rahmen der 700-Jahr-Feier der Stadt ein Theaterstück aufführte und Berta Kloß kurzerhand als Souffleuse engagiert wurde. Nach dem Krieg begann sie selbst Theaterspiele zu organisieren: ab 1951 im Mütterverein, ab 1963 in der Kolpingfamilie, später mit der Feuerwehr. 1980 hatte Elisabeth Kloß maßgeblichen Anteil an der Wiederbegründung des Plattdeutschen Krinks, zusammen mit Marga Dierkes und Alfons Lütke Schwienhorst, um die plattdeutsche Sprache vor dem Aussterben zu bewahren. Begeistert las und sang sie selbst plattdeutsche Stücke.

Unter ihrer Führung bildete sich eine Laienspielgruppe des Landvolkes und der Telgter Landjugend, die zum Erntedankfest des Jahres 1983 den plattdeutschen Einakter „Dat verdreihte Bok“ auf die Bühne brachte. In den kommenden Jahren folgten weitere Inszenierungen. Als Beitrag zum 750-jährigen Stadtjubiläum Telgtes führte die plattdeutsche Theatergruppe am 31. Mai 1988 den Dreiakter „Tante Frieda“ im Rahmen der Telgter Festwochen vor über 1000 begeisterten Zuschauern auf. Ab 1989 präsentierte sich dann die plattdeutsche Theatergruppe alljährlich im Bürgerhaus. Erst 1994, mit 75 Jahren, verließ die Regisseurin Berta Kloß die plattdeutsche Bühne.
Im selben Jahr wurde sie zum Ehrenmitglied des Telgter Heimatvereins ernannt, dessen Vorstand sie bislang als Vertretung des plattdeutschen Krinks angehörte. Eine solche Ehre war zuvor nur Augustin Wibbelt selbst zuteil geworden. Konsequenter Weise erhielt sie sechs Jahre später die Augustin-Wibbelt-Plakette, mit der der Kreisheimatverein alljährlich Persönlichkeiten würdigt, die sich besonders für das kulturelle Leben im Kreis Warendorf eingesetzt haben. Zuvor war ihr 1996 die Plakette der Stadt Telgte für ihre Verdienste um den Erhalt der plattdeutschen Sprache und die Pflege des westfälischen Brauchtums verliehen worden.
„Du bis den Ährenplatz wull wärt.“2