„Mein Schloss, mein Leben…“

Anna von Ketteler zu Neu-Assen und Schulenburg

* 1572

Wadersloh

Kunst/Architektur

Schloss Crassenstein, Diestedde
Abb.: Illustration aus: Die Rittergüter der Provinz Westfalen. Hg. von Fr. W. Freiherr von Schorlemer-Heringhausen, Paderborn 1837/40

Anna von Ketteler zu Neu-Assen und Schulenburg wuchs mit ihren Schwestern Odelia, Cornelia, Elisabeth und Eva im elterlichen Schloss Assen in Lippetal auf. Gemäß dem damaligen Rollenverständnis zielte die Erziehung der adligen Töchter auf eine ebenbürtige Heirat hin. Entsprechend wurde Anna 1598 mit Franz III. von Wendt zu Crassenstein verheiratet, der in der heimatkundlichen und kulturgeschichtlichen Literatur häufig als „Erbauer“ von Schloss Crassenstein genannt wird, wobei vermutlich der Impuls für einen Neubau von Anna ausgegangen war. Sie ergriff nach ihrer Heirat mit einem Schlossneubau in Diestedde eine der wenigen Möglichkeiten, ihr Lebensumfeld nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Zum adeligen Lebensstil gehörte ein repräsentatives Wohngebäude, das Herrschaftsanspruch und Machtstellung nach außen andeutete, aber auch dem inneren Wirkungsbereich der Hausherrin eine gewisse Noblesse verlieh. Vorbild war zweifellos das elterliche Schloss Assen. 1564 hatte Laurenz von Brachum, einer der herausragenden Architekten der Weserrenaissance, im Auftrag des Goswin von Ketteler mit dem Bau der bis heute erhaltenen unregelmäßigen Mehrflügelanlage auf Assen begonnen, das mit plastischen Ziegelornamenten reich wie in einem Musterbuch der damals geläufigen Schmuckformen ausgestattet ist. Diese Anlage, die 1653 in den Besitz der Familie von Galen überging, formte gewiss Annas ästhetische Vorstellungen eines adäquaten Wohn- und Lebensbereichs, wie sie sich ihn auch für ihre neue Umgebung, dem Sitz der Familie von Wendt zu Crassenstein, wünschte.

So war auch ursprünglich Schloss Crassenstein, dessen Bau erst im Jahr 1636 fertiggestellt werden konnte, mit Backsteinornamenten in Form von Rauten und Kreisen dekoriert. Dieser plastische Fassadenschmuck war Ausdruck des typischen Renaissance-Charakters. In Diestedde wurden die plastischen Schmuckelemente jedoch abgeschlagen, als die Anlage 1840 bis 1845 im Stil des Klassizismus umgebaut und ergänzt wurde. Seit den 1920er Jahren ersetzen nach einem Brand mächtige Mansarddächer aus Schiefer das vormalige Dach des Schlosses, so dass heute nur noch wenig von seinem originären Charakter aus der Zeit Annas von Ketteler zu erkennen ist.


Andrea Brockmann